Rechtliche Herausforderungen des Location Based Advertising

Die Digitalisierung bietet auch im Bereich der Online-Werbung zahlreiche neue Möglichkeiten für Unternehmen, um auf sich und ihr Angebot aufmerksam zu machen. Als besonders effizient gilt das sog. Location Based Advertising (zu Deutsch: standortbasierte Werbung). Mithilfe dieser Art der Werbung kann der Standort der jeweiligen Zielperson sehr genau bestimmt und berücksichtigt werden, um noch individuellere Inhalte generieren zu können. Doch nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch rechtlich zulässig. 

Inhalt

Datenschutzrecht – Rechtsgrundlagen verstehen und nutzen

Aufgrund der Verknüpfung des Standortes mit dem jeweiligen Endgerät eines Users werden zunächst rein technische Ortsdaten zu personenbezogenen Daten: Der Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist eröffnet. Daher muss jede einzelne Verarbeitung von personenbezogenen Daten auf eine Rechtsgrundlage gestützt werden können. Im Falle standortbasierter Werbung kommen folgende Rechtsgrundlagen in Betracht: 

Der Weg über die überwiegenden berechtigten Interessen nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO bietet unter anderem den Vorteil, dass schon Erwägungsgrund 47 die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung in Betracht zieht. Insofern ist bereits die Ausgangslage der durchzuführenden Interessenabwägung vorteilhaft für den Verantwortlichen.

Die größte Rechtssicherheit und den größten Gestaltungsspielraum bietet grundsätzlich der Abschluss eines Service- bzw. Nutzungsvertrages im Sinne von Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. b DSGVO. Im Werbebereich ist jedoch Vorsicht geboten: Nach Ansicht des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA) kommt es nicht allein auf den Vertragsinhalt an, um die Frage nach der Erforderlichkeit beantworten zu können. Vielmehr solle eine wertende Entscheidung getroffen werden, die die datenschutzrechtlichen Grundsätze wie sie in Art. 5 DSGVO niedergelegt sind, berücksichtigt.[1]Der EDSA macht in seiner Guideline jedenfalls sehr deutlich, dass verhaltensbezogene Werbung nie ein notwendiges Element von Online-Diensten darstellen kann – eine klare Absage hinsichtlich der Rechtfertigung von Tracking und Profiling über Buchstabe b. Anders hingegen muss es sich verhalten, wenn die Dienste kostenlos sind bzw. Werbung alleiniger Vertragsbestandteil ist (Stichwort Gegenseitigkeitsverhältnis), so z.B. überwiegend bei Loyalty-Programmen.

Die aufwendigste, aber aufgrund der Widerruflichkeit nutzerfreundlichste Möglichkeit die Verarbeitung personenbezogener Daten zu legitimieren, ist die Einholung von Einwilligungserklärungen nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO. Schließlich gelten Einwilligungen nach Art. 7 DSGVO nur dann als wirksam erteilt, wenn diese freiwillig, für den konkreten Einzelfall und unmissverständlich abgegeben werden. Der Nutzer muss genau wissen, welche seiner personenbezogenen Daten von der Verarbeitung betroffen sind und was im Einzelnen mit diesen geschieht. 

Wettbewerbsrecht – Grenzen und Spielräume für standortbasierte Werbung

Immer dann, wenn auch die Aktivitäten von Mitbewerbern von den eigenen Werbeaktionen betroffen sind und bei direkter Kundenansprache, muss das Wettbewerbsrecht beachtet werden. Wird beispielsweise im Rahmen des sog. Geofencings (virtuell abgesteckter Zaun, der bei Betreten oder Verlassen eine Aktion z. B. in Form einer Push-Nachricht auslöst) auch der Shop eines konkurrierenden Unternehmens umfasst, kann – abhängig vom konkreten Einzelfall – eine gezielte Behinderung von Mitbewerbern nach § 4 Nr. 4 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) vorliegen. Die Ansprache von Kunden, die sich bereits beim Mitbewerber aufhalten, kann als unlauteres Abfangen von Kunden einzuordnen sein. Es müssen aber weitere Umstände hinzukommen, die dazu führen, dass der Kunde in seiner Bewegungsfreiheit, seiner Wahrnehmung oder in seinen Vergleichsmöglichkeiten eingeschränkt wird und so zur Änderung seines Kaufentschluss quasi gedrängt wird.

Wird zum Beispiel mittels Push-Nachricht bewusst versucht, Kunden eines Mitbewerbers zu einem Vertragsbruch zu bewegen, so liegt hierin regelmäßig eine Verletzung des Wettbewerbsrechts. Wer unwahre oder unvollständige Angaben über das eigene Produkt bzw. den eigenen Service macht, um sich vom Angebot der Mitbewerber abzuheben, der handelt ebenfalls unlauter im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG. Auch übertriebenes Anlocken oder stark gefühlsbetonte Werbung können als unlauter zu qualifizieren sein.

Grenzen bedenken, Spielräume nutzen

Neben dem Jugend- und dem Verbraucherschutzrecht, müssen Unternehmen vor allem das Wettbewerbs- und Datenschutzrecht berücksichtigen. Letzteres sollte zudem bereits in der Konzeptionsphase bedacht werden, um zeit- und kostenintensiven nachgelagerten Anpassungsbedarf vermeiden zu können. Die wirkliche Herausforderung ist nicht das Recht, sondern die User: Wird Werbung als irrelevant oder zu generisch wahrgenommen, so neigen viele User dazu, den jeweiligen Service zu löschen bzw. nicht mehr in Anspruch zu nehmen. 

[1]https://edpb.europa.eu/sites/edpb/files/consultation/edpb_draft_guidelines-art_6-1-b-final_public_consultation_version_en.pdf


Über Kathrin Schürmann

Kathrin Schürmann ist Rechtsanwältin und Partnerin bei SCHÜRMANN ROSENTHAL DREYER. Neben dem Urheber- und Medienrecht, Datenschutz und Wettbewerbsrecht ist Frau Schürmann auf den gesamten Marketing-Bereich spezialisiert, insbesondere auf der Schwelle zwischen Wettbewerbs- und Datenschutzrecht. Ein besonderer Fokus ihrer Tätigkeit liegt dabei auf der Beratung von Unternehmen aus den Bereichen Digital Business, Technologie und Medien.

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Daniel Richter

Daniel Richter ist seit 2017 Geschäftsführer DACH beim Experten für Hyperlokales Onlinemarketing, der DAC Group Deutschland GmbH. Zuvor gründete er die adxmedia GmbH, die 2016 an die DAC Group Toronto verkauft wurde. Daniel Richter ist seit 1999 im Onlinemarketing tätig, unter anderem bei Enecto AB und TradeDoubler AB.

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